Wesen u. Haltungsbedingungen des Akbash

Der Zweck, für den der Akbash ursprünglich gezüchtet wurde, prägt natürlich die äußere Erscheinung wie auch das Wesen der Tiere. Wie schon erwähnt, muss ein Hund, der nicht zum Schutzdienst erzogen wird, sondern dies aus genetisch gefestigter Veranlagung tut, ein großes Maß an Selbständigkeit und Unabhängigkeit, gerade dem Menschen gegenüber, mitbringen. Dies macht eine Erziehung zum Begleit- und Familienhund nicht unproblematisch, da die Hunde nicht das Bedürfnis mitbringen, unbedingt gefallen zu wollen. Doch natürlich ist es unter geduldiger und konsequenter Führung eines erfahrenen Hundehalters möglich, einen Akbash zu einem relativ sicheren und sozial verträglichen Begleithund auszubilden. Ein gewisses Maß an Unberechenbarkeit sollte man jedoch immer einkalkulieren bei einem Hund, der dazu gezüchtet wurde, selbst zu entscheiden. Akbash sind Arbeitshunde, die eine Aufgabe benötigen, die sie erfüllen dürfen und sind mit „konventionellen“ Familienhunden nicht zu vergleichen. Viele Aussagen und Tipps in herkömmlichen Hunderatgebern sind auf den Akbash NICHT anwendbar.

Sind diese Hunde nicht ausgelastet und ist etwa noch das Ranggefüge innerhalb des Familienrudels ungeklärt, wird es schnell zu unerwünschten und evtl. problematischen Verhaltensweisen kommen. Äußerst sensibel für Veränderungen im Rudelgefüge und für Schwächen von Ranghöheren sind sie stets bereit, sich auf der Rangleiter gen Norden zu bewegen. Ein meist mehr denn minder ausgeprägtes "Karrieredenken" ist besonders den Rüden zumeist eigen. Akbash sind zufrieden, wenn sie Tiere oder ihre Familie beschützen dürfen und genügend Auslauf in Garten, Wald und Feld bekommen. Da sie einen niedrigen Aktivitätslevel haben, sind sie sehr angenehme Hausgenossen, die jedoch im Falle einer vermeintlichen Bedrohung zu äußerst schnellen und entschlossenen Reaktionen fähig sind.

Einem Welpen muss unbedingt ein möglichst umfangreiches Spektrum an Möglichkeiten zur Sozialisation geboten werden, er soll alle nur möglichen Erfahrungen machen dürfen, um Selbstsicherheit und Gelassenheit gegenüber Menschen, Tieren und neuen Situationen zu gewinnen. Das Programm zur Gesellschaftstauglichkeit eines Welpen ist sehr umfangreich, jedoch unabdingbar, da der Hund später aufgrund seines genetisch fixierten Schutzinstinktes ungewohnten Situationen misstrauisch gegenübertreten wird.

c. by G. Hauser

Der zukünftige Halter eines Herdenschutzhundes sollte sich kritisch prüfen, ob er willens und in der Lage ist, sich der großen Verantwortung der Ausbildung eines solch großen und eigenwilligen Gefährten zu stellen. Es sollten nicht oberflächliche Beweggründe wie etwa die imposante Erscheinung des Akbash im Vordergrund der Anschaffung stehen, sondern man muss die Eigenarten eines Herdenschutzhundes mögen, zu schätzen wissen und damit umgehen können. Fehlanschaffungen sind leider keine Seltenheit, sehr zum Schaden der Tiere, die einen Wechsel ihrer Bezugspersonen und Umgebung nur schwer verkraften, da sie sich an ihre Besitzer und deren Familien eng anschließen. Erwünschtes Verhalten eines Welpen muss vom ersten Tag in der Familie an gelobt, unerwünschtes Verhalten ebenso vom ersten Tag an unterbunden werden. Man sollte nicht zu bequem sein, immer und immer wieder auf das Verhalten des Hundes zu reagieren, damit er gutes Benehmen lernen kann.

Wie später noch erläutert werden wird, sind Akbash, was ihre Ernährung und Pflege anbelangt, relativ anspruchslose Hunde. Diese Genügsamkeit gilt jedoch nicht, was ihre Umgebung und Erziehung anbelangt. Man sollte über großzügige Lebensräume mit großem, hoch und sicher eingezäuntem Garten verfügen und der Hund sollte die Gelegenheit haben, sich draußen zu bewegen und andererseits den so dringend benötigten Familienanschluss zu genießen. Gemäß ihrer ursprünglichen Aufgabengebiet halten sie sich gern im Freien auf, zumeist von einem erhöhten Flecken aus ihr Territorium überwachend. Eine Zwingerhaltung kann jedoch KEINESFALLS empfohlen werden, sie würde den intelligenten Hund abstumpfen, die Familienbindung behindern und diesen zur Unabhängigkeit neigenden Hund eigenbrötlerisch und unsozial werden lassen.

Wer sich die Anschaffung eines Akbash überlegt, sollte jederzeit bedenken, dass es sich bei diesen Hunden um eine uralte, urwüchsige türkische Herdenschutzhundrasse handelt, der ein großes Maß an Selbständigkeit, Schutzinstinkten und territorialem Verhalten zu eigen ist. Einem solchen Hund in unserem meist doch recht städtischen Umfeld einen angemessenen Lebensraum mit herdenschutzhundgerechten Aufgaben zu bieten, bedeutet eine große Verantwortung und ist nicht einfach. Probleme mit unausgelasteten und daher unausgeglichenen Hunden (speziell den Rüden) sind leider nicht selten und können bis zur Abgabe des Tieres führen.

Junge Hunde sind meist bis zur Geschlechtsreife im Alter ab ca. 12 Monaten sehr unkompliziert, doch dann beweist sich, was man bis zu diesem Alter durch sorgfältige Erziehung und Bindung an Vorarbeit geleistet hat. Im Laufe der Pubertät können manchmal innerhalb kurzer Zeit geradezu drastische Veränderungen im Verhalten des Hundes eintreten; man sollte darauf vorbereitet sein, dass Schutz- und Territorialverhalten stark zunehmen können.

Die ersten zwei Jahre, bis ein Hirtenhund halbwegs erwachsen und gefestigt ist, sind sehr anstrengend. Was man innerhalb dieser Zeit nicht erreicht hat, ist später nur noch schwer zu etablieren. Ab dem Alter von ca. 2 bis 3 Jahren kann man dann beginnen, die Früchte der geleisteten Arbeit zu ernten. Als erwachsen kann ein Akbash frühestens mit ca. 3 Jahren betrachtet werden.

Eine starke Bindung zwischen Hund und Halter ist die unabdingbare Voraussetzung, um ein Leben mit einem Herdenschutzhund erfolgreich und für beide Seiten befriedigend zu gestalten. Härte erzeugt Gegendruck. Man erreicht eine vertrauensvolle Bindung zum einen durch Kenntnisse in Canidenverhalten, durch viel Liebe, Geduld und Konsequenz in der Erziehung und Beschäftigung mit dem Welpen oder erwachsenen Hund und nicht zuletzt durch viel Zeit, die man investieren muss. An der Qualität dieser Bindung muss auch später ständig gearbeitet werden, da die Hunde ansonsten dazu neigen, sich in sich zurückzuziehen. Obwohl viele dieser Hunde ausgesprochen charmant sind, gibt es auch Individuen, die den Kontakt zum Menschen von sich aus weniger suchen, eine Individualdistanz (gerade gegenüber weiteren Haustieren) einfordern und keine „Schmuser“ sind. Man sollte bereits sein, auch derlei Eigenarten zu akzeptieren und dem Hund keine körperliche Nähe aufzwingen wollen. Meist jedoch genießen Akbash (wie jeder andere Hund) die Nähe und enge Verbundenheit zu ihrem Rudel sehr.

Ausdrücklich hingewiesen werden muss darauf, dass es von größter Wichtigkeit ist, den Hund von einem seriösen, sorgfältigen Züchter zu holen - leider tummeln sich bei dieser äußerst seltenen Rasse mittlerweile auch viele „Züchter“, die mehr am Profit orientiert sind und keinen besonderen Wert auf die Qualität ihrer Zuchttiere legen. Auch und gerade darauf muss bei unserer Rasse streng geachtet werden, denn mit einem 70-80 cm hohen und ca. 40-60 kg schweren, eventuell aggressiven und unverträglichen oder vielleicht auch kranken Hund zu leben, ist sicher kein Vergnügen und im Sinne der Weiterentwicklung der Rasse natürlich nicht wünschenswert.

Ein gut sozialisierter Herdenschutzhund ist ein angenehmer und ruhiger Begleiter von ausgeprägter Persönlichkeit, der absolut loyal seiner Familie gegenüber ist und sie zuverlässig beschützt. Obwohl der Akbash den Kindern seiner Familie liebevoll und geduldig zugetan ist, kann er keinesfalls als Kinderspielhund betrachtet werden.

Bei der Ausbildung eines Herdenschutzhundes sollte man bedenken, dass die Hunde intelligent sind, jedoch keinen "Schäferhundtypen" in Sachen Gehorsam. Von einer Schutzhundausbildung kann nur dringend abgeraten werden, da der natürliche Schutztrieb keinesfalls gefördert werden sollte, sondern im täglichen Zusammenleben eher gemildert.

Zu empfehlen wäre eine Welpengruppe, in der der Welpe lernt, mit anderen Hunden jeglicher Größe und Coleur zurechtzukommen; im weiteren dann eine Erziehung in Richtung einer Begleithundausbildung oder des Hundeführerscheins. Damit ist der Hund beschäftigt, jedoch nicht überfordert oder gelangweilt, und eine gewisse Grundlage an Erziehung ist Hund und Halter sicher. Man sollte sich die Hundeschule sehr sorgfältig aussuchen, ein Ausbilder mit Hirtenhunderfahrung, der auf eine Erziehung mit Motivation und ohne Druck Wert legt, ist sehr zu empfehlen. Ein Akbash hat sein eigenes Tempo, was das Lernen und vor allem das Gehorchen betrifft.

Hundesport, wie etwa Agility ist nicht unbedingt die Leidenschaft eines Hirtenhundes, eigentlich ist er dafür auch zu groß und zu schwer. Es gibt jedoch Individuen, die auch daran Spaß haben, man sollte seinem Hund die Möglichkeit zum Ausprobieren geben. Voraussetzungen sind Spaß an der Sache (ohne Druck) und die Gesundheit des Hundes, speziell der Hüften.